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Stimme: Junge Erwachsene und Zukunftsperspektiven

„Ich will eine Zukunft, aber wo?“

Ich heiße Anna, ich bin 22 und habe gerade mein Studium in Tallinn abgeschlossen. Jetzt bin ich zurück in Narva, weil meine Familie hier lebt – aber ich frage mich: Was kommt jetzt?

In Tallinn habe ich gelernt, dass die Welt groß ist, dass man Träume haben darf. Aber hier, an der Grenze zu Russland, fühlt sie sich kleiner an. Viele meiner Freunde sind gegangen – nach Tallinn, Tartu oder ins Ausland. Laut ERR News sind in den letzten Jahren mehr als ein Drittel der jungen Erwachsenen aus Narva weggezogen, meist wegen Arbeit oder Studium.

Ich will arbeiten, aber die meisten Jobs sind in der Hauptstadt oder in Finnland. Die Arbeitslosigkeit junger Menschen liegt hier bei über 20 %, doppelt so hoch wie im Landesdurchschnitt.

Ich will eine Familie gründen, aber die Wohnungen sind teuer und die Löhne niedrig. Viele sagen, Narva sei eine Stadt zwischen zwei Welten – russisch im Klang, estnisch im Gesetz. In der Schule lernen Kinder jetzt nur noch auf Estnisch, auch wenn sie zu Hause Russisch sprechen. Meine kleine Schwester kämpft damit. Sie sagt: „Ich verstehe alles, aber ich fühle es nicht.“

Manchmal frage ich mich: Bin ich zu jung, um zu bleiben? Oder zu alt, um zu gehen?

Meine Eltern sagen: „Bleib hier, wir brauchen dich.“ Meine Freunde sagen: „Geh weg, du hast mehr verdient.“ Und ich? Ich stehe dazwischen.

Ich will eine Zukunft – aber ich weiß nicht, wo ich sie finden soll. Vielleicht ist das das Schlimmste: Nicht zu wissen, ob man dazugehört oder ob man weggehen muss, um dazuzugehören.

Ich will nicht wählen müssen – zwischen meiner Familie und meiner Zukunft. Aber hier, in Narva, ist genau das die tägliche Wahl.


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Hinweis: Die Dialoge sind frei nach realen Aussagen gestaltet – inspiriert von Medienberichten und in Zusammenarbeit mit KI (Euras / LeChat, 2025) zu fiktiven Gesprächen verdichtet.

Quellen für diese Stimme: