narva:stimme_02
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- | ==== Stimme | + | ==== Stimme: Lehrerin aus Narva ==== |
+ | ~~NOTOC~~ | ||
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- | {{tag> | + | ====== „Was haben wir gewonnen, wenn wir eine Generation erziehen, die sich schämt?“ ====== |
- | ===== Einleitung ====== | + | <WRAP> |
- | Eine **collagierte Stimme** einer estnischen Lehrerin aus Narva (2025), basierend auf realen Berichten und Interviews. | + | |
- | //„Ich unterrichte seit 20 Jahren in Narva. Früher war meine Klasse halb estnisch, halb russisch – und das war normal.“// | + | |
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- | > **Hinweis**: | + | |
- | > Siehe auch: [[dialog_narva|Dialog zwischen Politiker und Einwohner]] | [[narva: | + | |
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- | ===== Die Stimme ====== | + | |
„Ich unterrichte seit 20 Jahren in Narva. Früher war meine Klasse halb estnisch, halb russisch – und das war normal. Die Kinder spielten zusammen, lachten zusammen, stritten sich auf Russisch *und* Estnisch. Aber seit 2022 ist alles anders. | „Ich unterrichte seit 20 Jahren in Narva. Früher war meine Klasse halb estnisch, halb russisch – und das war normal. Die Kinder spielten zusammen, lachten zusammen, stritten sich auf Russisch *und* Estnisch. Aber seit 2022 ist alles anders. | ||
- | Jetzt **muss** ich auf Estnisch unterrichten. Nicht weil die Kinder es nicht könnten – viele sprechen beides fließend –, sondern weil das Gesetz es so vorschreibt. *„Integration“*, | + | Jetzt **muss** ich auf Estnisch unterrichten. Nicht weil die Kinder es nicht könnten – viele sprechen beides fließend –, sondern weil das Gesetz es so vorschreibt. |
Es bedeutet, dass **Oma Ljudmila**, die seit 40 Jahren in Narva lebt, plötzlich nicht mehr versteht, was ihr Enkel in der Schule lernt. Dass **die Eltern** abends nicht mehr helfen können, weil sie selbst kaum Estnisch sprechen. Dass **die Kinder** plötzlich **schlechtere Noten** bekommen – nicht weil sie dumm sind, sondern weil sie **in einer Sprache lernen müssen, die zu Hause niemand spricht**. | Es bedeutet, dass **Oma Ljudmila**, die seit 40 Jahren in Narva lebt, plötzlich nicht mehr versteht, was ihr Enkel in der Schule lernt. Dass **die Eltern** abends nicht mehr helfen können, weil sie selbst kaum Estnisch sprechen. Dass **die Kinder** plötzlich **schlechtere Noten** bekommen – nicht weil sie dumm sind, sondern weil sie **in einer Sprache lernen müssen, die zu Hause niemand spricht**. | ||
- | Und das Schlimmste? **Es funktioniert nicht.** Die Kinder lernen nicht *besser* Estnisch – sie lernen **gar nichts mehr**. Weil sie **abschalten**, | + | Und das Schlimmste? **Es funktioniert nicht.** Die Kinder lernen nicht *besser* Estnisch – sie lernen **gar nichts mehr**. Weil sie **abschalten**, |
Manchmal frage ich mich: **Was wollen wir eigentlich? | Manchmal frage ich mich: **Was wollen wir eigentlich? | ||
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- Dass sie **unsere Geschichte lernen** – aber **ihre eigene verleugnen**? | - Dass sie **unsere Geschichte lernen** – aber **ihre eigene verleugnen**? | ||
- | Ich bin **keine Politikerin**. Ich bin Lehrerin. Mein Job ist es, **Brücken zu bauen**. Aber im Moment **reißen wir sie ab** – und nennen es *„Integration“*. | + | Ich bin **keine Politikerin**. Ich bin Lehrerin. Mein Job ist es, **Brücken zu bauen**. Aber im Moment **reißen wir sie ab** – und nennen es **„Integration“**. |
- | Die Regierung sagt: *„Russisch ist die Sprache des Feindes.“* | + | Die Regierung sagt: **„Russisch ist die Sprache des Feindes.“** |
- | Aber **meine Schüler sind keine Feinde**. Sie sind **Kinder**. Und sie **verstehen nicht**, warum ihre Sprache plötzlich *falsch* ist. | + | Aber **meine Schüler sind keine Feinde**. Sie sind **Kinder**. Und sie **verstehen nicht**, warum ihre Sprache plötzlich |
Manchmal, wenn ich abends nach Hause gehe, **höre ich sie noch**: Wie sie auf dem Schulhof **leise Russisch** reden – weil sie wissen, dass sie es **nicht dürfen**. Und dann denke ich: **Was haben wir gewonnen**, wenn wir eine Generation erziehen, die **sich schämt**? | Manchmal, wenn ich abends nach Hause gehe, **höre ich sie noch**: Wie sie auf dem Schulhof **leise Russisch** reden – weil sie wissen, dass sie es **nicht dürfen**. Und dann denke ich: **Was haben wir gewonnen**, wenn wir eine Generation erziehen, die **sich schämt**? | ||
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Vielleicht ist das der **einzige Weg**: | Vielleicht ist das der **einzige Weg**: | ||
- | Nicht zu fragen: *„Sprichst du Estnisch? | + | Nicht zu fragen: |
- | Sondern: *„Was willst du sagen?“* | + | Sondern: |
+ | </ | ||
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- | ===== Anmerkungen ====== | ||
- | - **Kontext**: | ||
- | - Dieser Text ist eine **künstlerische Verdichtung** realer Lehrerinnen-Stimmen aus Narva. | ||
- | - **Zentrale Spannung**: Zwischen **Sprachpolitik** und **pädagogischer Realität**. | ||
- | - **Verknüpft mit**: | ||
- | - [[dialog_narva|Dialog zwischen Politiker und Einwohner]] (Kontrastperspektive) | ||
- | - [[schueler_narva|Stimme eines Schülers aus Narva]] | ||
- | - [[narva: | ||
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- | ===== Metadaten ====== | + | [[narva:start|← Zurück zur Übersicht]] | [[narva:methode|Methode]] |
- | | **Erstellt** | + | </ |
- | | **Quellen** | + | |
- | | **Themen** | + | |
- | | **Status** | + | |
- | | **Verwandte Seiten** | + | |
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- | ===== Ideen zur Erweiterung ====== | ||
- | - **Schülerstimme**: | ||
- | - **Elternperspektive**: | ||
- | - **Audio**: Falls du die Stimme vertonen möchtest, hier Platzhalter: | ||
- | ```dokuwiki | ||
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+ | //Hinweis: Die Dialoge sind frei nach realen Aussagen gestaltet – inspiriert von [[narva: | ||
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