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text:krakau2_23 [2023/10/30 09:56] admin [Das Interim nach der Wahl und vor der Regierungsbildung] |
text:krakau2_23 [2024/06/13 16:59] admin [Ein Auftrag der Zivilgesellschaft] |
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- | Wie ein Rhythmus, zu dem ich schon getanzt habe. Man kann diesen Zustand nicht erinnern. Er ist das Leben, das nicht im Nachhinein zu fassen ist. Ich kann es nur schreiben, während es ist. Dieses Gefühl begleitet mich bei meinen Reiseberichten. Ich muss es jetzt erfassen, ich kann es nicht notieren und später ausarbeiten. Das wurde mir am deutlichsten bewusst bei meinem Text auf der zweiten Krakau-Reise. Als plötzlich die Geschichte Europas einen Ruck nahm. Russland hatte am 23. Februar | + | Wie ein Rhythmus, zu dem ich schon getanzt habe. Man kann diesen Zustand nicht erinnern. Er ist das Leben, das nicht im Nachhinein zu fassen ist. Ich kann es nur schreiben, während es ist. Dieses Gefühl begleitet mich bei meinen Reiseberichten. Ich muss es //jetzt// erfassen, ich kann es nicht notieren und später ausarbeiten. Das wurde mir am deutlichsten bewusst bei meinem Text auf der zweiten Krakau-Reise. Als plötzlich die Geschichte Europas einen Ruck nahm. Russland hatte am 23. Februar |
- | Aber im ersten Moment brach eine Welt zusammen und eine Neue begann zu werden. Ich fand, ich musste jetzt darüber schreiben, denn wenn ich später darüber schriebe, wäre es nur ein Rückblick aus der neu entstandenen Wirklichkeit heraus. Wissend um vieles, das im vergangenen Moment noch eine unwägbare Überwältigung gewesen ist. | + | Aber im ersten Moment brach eine Welt zusammen und eine Neue begann zu werden. Ich fand, ich musste |
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- | So sind die Reisetexte wie Inseln, wie Logbucheinträge eines Schiffes, das immer wieder neu am Augenblick anlegt. Die Einträge im Logbuch setzen einander fort, aber sie sind nicht aus einer Geisteshaltung heraus. Jede dieser Reisen verändert mich. Und ich halte diese Veränderungen fest. Die Veränderung, | + | So sind die Reisetexte wie Inseln, wie Logbucheinträge eines Schiffes, das immer wieder neu am Augenblick anlegt. Die Einträge im Logbuch setzen einander fort, aber sie sind nicht aus einer Geisteshaltung heraus. Jede dieser Reisen verändert mich. Und ich halte diese Veränderungen fest. Die Veränderung, |
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Auf der Buchmesse in Krakau. Alles ist sehr voll hier. Sehr viele junge Menschen interessieren sich für gedruckte Bücher in Polen. Was für ein Gedränge. | Auf der Buchmesse in Krakau. Alles ist sehr voll hier. Sehr viele junge Menschen interessieren sich für gedruckte Bücher in Polen. Was für ein Gedränge. | ||
- | Ist das die Zivilgesellschaft, | + | Ist das die Zivilgesellschaft, |
- | Die Partei PiS, „Recht und Gerechtigkeit“, | + | Die Partei PiS, „Recht und Gerechtigkeit“, |
- | Gegen den „Hass und Angst“ stand die Hoffnung | + | |
+ | Die Zivilgesellschaft stemmte sich gegen die Angst mit dem Bekenntnis | ||
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- | Zur einer noch größeren Demonstration, | + | Werden sich Tusk’s KO, die „Neue Linke“ und die beiden Parteien des „Dritten Wegs“ auf eine Koalition einigen können? Teilen sie mehr als das gemeinsames Ziel, die Regierung der PiS abzusetzen? |
- | Es liegt nahe, dass Präsident Duda zuerst den Kandidaten der PiS (Mateusz Morawiecki) als neuen (und alten) Ministerpräsidenten vorschlagen wird. Am 12. November, zur ersten Sitzung | + | Am 12. November |
- | Die PiS sieht sich selbst nach aussen hin weiter als Wahlsiegerin mit Regierungsauftrag. Man darf vermuten, dass der Bauernpartei PSL gerade sehr großzügige Angebote für eine Koalition mit der PiS statt der KO gemacht werden. | + | {{ : |
- | Nein, Donald Tusk ist noch nicht Polens neuer Regierungschef. Auch wenn er diesen Optimismus verbreitet und viele sich das sehr wünschen, in Polen und in der EU. Stattdessen befindet sich Polen in einem Interim. Zunächst bis zum 12. November. Und dann vielleicht noch weitere 14 Tage, bis der Sejm seinen Wunschkandidaten in einfacher Mehrheit selbst bestimmen kann. | + | Das wäre fatal, denn die Zeit drängt. Falls Donald Tusk an die Macht kommt will er Gesetze |
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- | ===== Politik ===== | + | |
- | //29. Oktober, Klezmer Hois// | + | |
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- | Aber eigentlich drängt | + | |
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- | Donald Tusk ist sofort nach der Wahl nach Brüssel gereist. Er kennt die Prozesse der EU wie kaum jemand. | + | |
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- | Aber auch: was will die EU? Die Kommission, das Parlament und der Rat? Welche Signale werden gerade gegeben und welcher Druck wird wo aufgebaut, in Warschau und in Brüssel? Politik. Und das ist nur ein Feld davon. | + | |
===== Nochmals: der Auftrag der Zivilgesellschaft ===== | ===== Nochmals: der Auftrag der Zivilgesellschaft ===== | ||
//29. Oktober, Kazimierz// | //29. Oktober, Kazimierz// | ||
- | Ich glaube nicht, dass die große Wahlbeteiligung | + | Für die große Wahlbeteiligung |
===== Zwischenspiel: | ===== Zwischenspiel: | ||
//29. Oktober, Platz in Kazimierz// | //29. Oktober, Platz in Kazimierz// | ||
- | Um an diesem Bericht zu schreiben sitze ich auf einer Bank an einem kleinen Platz im Stadtteil Kazimierz. | + | {{ : |
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+ | Um an diesem Bericht zu schreiben sitze ich auf einer Bank an einem kleinen Platz im Stadtteil Kazimierz. | ||
Ob ich irgendwo Flüchtlinge sehe, fragt einer als er hört, dass ich Deutscher bin. „Nein,“ sage ich - „und? Gefällt Dir das?“. | Ob ich irgendwo Flüchtlinge sehe, fragt einer als er hört, dass ich Deutscher bin. „Nein,“ sage ich - „und? Gefällt Dir das?“. | ||
- | Ich bekomme dann erklärt, wie es in Deutschland ist. Wieviel | + | Ich bekomme dann erklärt, wie es in Deutschland ist. Wie viel Angst wir alle haben müssen und wie schrecklich wir es finden, die ganzen Araber und Südeuropäer, |
- | Warum wir in Deutschland die Amerikaner rausschmeißen wollen aus Europa, fragen sie dann. Aber sie kennen | + | Warum wir in Deutschland die Amerikaner rausschmeißen wollen aus Europa, fragen sie dann. Aber sie kennen |
- | Sie versuchen mir aber klar zu machen, dass es auch für Deutschland Vorteile hat, wenn die Amerikaner noch bleiben würden. Wir Deutschen würden, wenn die USA in Europa blieben, zwar nicht das halbe Polen kriegen, aber dafür müssten wir nicht haufenweise Waffen produzieren, | + | Sie versuchen mir aber klar zu machen, dass es auch für Deutschland Vorteile hat, wenn die Amerikaner noch bleiben würden. Wir Deutschen würden, wenn die USA in Europa blieben, zwar nicht das halbe Polen kriegen, aber dafür müssten wir nicht haufenweise Waffen produzieren, |
Ich sage, Deutschland würde Polen nicht annektieren wollen, das hätte ich noch nie gehört. Aber sie glauben mir nicht. Ich wäre halt ein guter Kerl, wüsste nicht, was die Welt für ein brutaler Ort ist. Kunst hätte ich studiert? Aha. Ob ich Frauen mag? Ich gebe Entwarnung. Ich glaube, das hätte ich auch getan, wenn ich schwul wäre. Ich will keine Bedrohung sein, sondern die drei beginnen mich zu interessieren. | Ich sage, Deutschland würde Polen nicht annektieren wollen, das hätte ich noch nie gehört. Aber sie glauben mir nicht. Ich wäre halt ein guter Kerl, wüsste nicht, was die Welt für ein brutaler Ort ist. Kunst hätte ich studiert? Aha. Ob ich Frauen mag? Ich gebe Entwarnung. Ich glaube, das hätte ich auch getan, wenn ich schwul wäre. Ich will keine Bedrohung sein, sondern die drei beginnen mich zu interessieren. | ||
- | Ich erzähle ein bisschen von polnischer Geschichte, nachdem sie mir sagten, ich wüsste nichts davon. Jetzt sind wir noch mehr freundschaftlich. Die drei haben studiert, Außenhandels-Okonomie. Deshalb wissen sie auch besser was Deutschland will als ich. Die EU, sagen sie mir, gibt es eigentlich gar nicht. Sondern es ist Berlin, als die stärkste Ökonomie in Europa, das „die EU“ erfunden hat und tanzen lässt wie eine Handpuppe. Damit die anderen spuren. Man sähe es auch daran, dass Deutschland jetzt angeordnet hat, wie die Polen wählen müssen. Mit Tusk kriegt ihr Geld, mit PiS nicht. Dafür haben die drei Verständnis. So macht das der Stärkere. Sie mögen Deutschland. | + | Ich erzähle ein bisschen von polnischer Geschichte, nachdem sie mir sagten, ich wüsste nichts davon. Jetzt sind wir noch mehr freundschaftlich. Die drei haben studiert, Außenhandels-Ökonomie. Deshalb wissen sie auch besser was Deutschland will als ich. Die EU, sagen sie mir, gibt es eigentlich gar nicht. Sondern es ist Berlin, als die stärkste Ökonomie in Europa, das „die EU“ erfunden hat und tanzen lässt wie eine Handpuppe. Damit die anderen spuren. Man sähe es auch daran, dass Deutschland jetzt angeordnet hat, wie die Polen wählen müssen. Mit Tusk kriegt ihr Geld, mit PiS nicht. Dafür haben die drei Verständnis. So macht das der Stärkere. Sie mögen Deutschland. |
- | Ich sage, irgendwo in Deutschland könnte genau dieser Platz sein und 4 Typen redeten an einer öffentlichen Bank mit Bier und beschwerten sich darüber, dass ihr Land (in dem Falle dann Deutschland) von der EU in Brüssel gegängelt würde. Sie schauen mich verblüfft an. Nicht, weil sie mir glauben. Ich bin ein wunderlicher Phantast für sie. Ich unternehme noch ein paar Versuche, ihnen zu sagen, dass sich Deutschland Polen nicht einverleiben will und dass die EU eine gewisse | + | Ich sage, irgendwo in Deutschland könnte genau dieser Platz sein und vier Typen redeten an einer öffentlichen Bank mit Bier und beschwerten sich darüber, dass ihr Land (in dem Falle dann aber Deutschland) von der EU in Brüssel gegängelt würde. Sie schauen mich verblüfft an. Nicht, weil sie mir glauben. Ich bin ein wunderlicher Phantast für sie. Ich unternehme noch ein paar Versuche, ihnen zu sagen, dass sich Deutschland Polen nicht einverleiben will und dass die EU eine große |
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Wir sprechen noch ein bisschen darüber, wie wichtig es ist, ein kritisches Bewusstsein gegenüber den Informationen aus Medien und Internet zu wahren. Da sind wir uns einig! Ich habe den Eindruck, dass die drei sich selbst in dem Punkt gute Noten geben würden. Mir aber nicht. Ich ziehe dann weiter, es war irgendwie nett, ohne dass wir uns gegenseitig von irgendetwas hätten überzeugen können. | Wir sprechen noch ein bisschen darüber, wie wichtig es ist, ein kritisches Bewusstsein gegenüber den Informationen aus Medien und Internet zu wahren. Da sind wir uns einig! Ich habe den Eindruck, dass die drei sich selbst in dem Punkt gute Noten geben würden. Mir aber nicht. Ich ziehe dann weiter, es war irgendwie nett, ohne dass wir uns gegenseitig von irgendetwas hätten überzeugen können. | ||
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